Fortbildungsvereinbarung

Fortbildungsvereinbarungen rechtssicher abschließen

22. August 2024 | von Ole M. Hammer

Fachkräftemangel bedeutet auch, gut qualifizierte Arbeitnehmer im Unternehmen zu halten und Anreize zu schaffen, dass diese sich langfristig mit ihrem Arbeitgeber identifizieren können. Ein wichtiger und arbeitnehmerseitig häufig nachgefragter Aspekt können Weiterbildungsangebote sein.

Fortbildungsvereinbarung
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Fortbildungen zeigen Ihren Arbeitnehmern, dass Sie deren Qualitäten schätzen und an einer Zusammenarbeit mit möglicherweise künftig erweitertem Aufgabenspektrum und vielleicht sogar höherer Vergütung interessiert sind.

Um sicherzugehen, dass der Arbeitnehmer dem Unternehmen lange verbunden ist, werden oftmals Fortbildungsvereinbarungen abgeschlossen. Diese sollen den Arbeitnehmer bei vorzeitigem Austritt zur Rückzahlung der Fortbildungskosten verpflichten.

Aber Achtung: Nicht jede Vereinbarung und jede Rückzahlungsklausel ist wirksam!

Wir informieren Sie, was beim Abschluss einer Fortbildungsvereinbarung zu beachten ist und wo Stolperfallen liegen.

Das erwartet Sie:

  1. Was ist unter einer Fortbildungsvereinbarung zu verstehen?
  2. Wann ist der Abschluss einer Fortbildungsvereinbarung generell ausgeschlossen?
  3. Die Höhe der Rückzahlung - Das darf vereinbart werden
  4. Wie lange dürfen Arbeitnehmer an das Unternehmen gebunden werden?
  5. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses - Dann greift die Rückzahlungsvereinbarung
  6. Fachanwalt für Arbeitsrecht  - So unterstützen wir Sie
  7. Fazit
  8. FAQ's

 

1. Was ist unter einer Fortbildungsvereinbarung zu verstehen?

Der Abschluss einer Fortbildungsvereinbarung erfolgt immer dann, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Rahmenbedingungen einer Fort- oder Weiterbildung des Arbeitnehmers schriftlich fixieren möchten. Es handelt sich dabei um eine individualvertragliche Vereinbarung, welche häufig mit einer Rückzahlungsklausel für den Austritt des Arbeitnehmers während oder vor Ablauf einer festgelegten Zeit nach der Qualifizierung einhergeht.

Damit eine Fortbildungsvereinbarung grundsätzlich wirksam ist, muss die Bildungsmaßnahme „geeignet“ sein. Handelt es sich also um Inhalte, die der Entwicklung der Fähigkeiten und Kenntnisse des Arbeitnehmers von Nutzen sind oder der Verbesserung seiner Fähigkeiten dient, wäre ein Abschluss möglich.

Weiterhin muss dem Arbeitnehmer durch die Fort- oder Weiterbildung ein verwertbarer Vorteil zufließen. Dieser Vorteil kann sich entweder aus Aufstiegsmöglichkeiten im Unternehmen oder verbesserten Chancen am Arbeitsmarkt ergeben. In beiden Fällen reicht die bloße Möglichkeit, dass die erworbenen Kenntnisse genutzt werden können, nicht aus und ist daher nicht relevant.

2. Wann ist der Abschluss einer Fortbildungsvereinbarung generell ausgeschlossen?

Ein Fortbildungsvertrag kann nur dann abgeschlossen werden, wenn die Qualifizierung des Arbeitnehmers der beruflichen Fort- oder Weiterbildung dient, es sich also nicht um eine Berufsausbildung handelt.

Ist es beispielsweise notwendig, während der Ausbildung zum Forstwirt eine Qualifizierung an der Motorsäge zu absolvieren, müssen die entsprechenden Kosten arbeitgeberseitig getragen werden. Ein weiteres Beispiel wäre der Erwerb des Führerscheins Klasse 2 während der Berufsausbildung zum Berufskraftfahrer. (vgl. BAG, Urt. V. 25.04.1984 -5 AZR 386/83)

Rückzahlungsklauseln in Berufsausbildungsverhältnissen oder gleichgestellten Ausbildungsgängen sind gemäß § 12 Abs. 2, § 26 BBiG untersagt.

Vereinbarungen, die sich auf anfallende Kosten für Bildungsmaßnahmen beziehen, welche der Arbeitgeber generell zu tragen hat, sind ebenfalls nichtig. Dazu zählen zum Beispiel Schulungen für Betriebsräte oder Erste Hilfe Schulungen.

Fortbildungsvereinbarungen mit Rückzahlungsklauseln, die sich auf die Einarbeitung eines Arbeitnehmers an seinem Arbeitsplatz oder die Vermittlung von Kenntnissen über bspw. innerbetriebliche Abläufe beziehen, haben ebenfalls keine Rechtskraft.

Ein weiteres Beispiel: Handelt es sich bei der Maßnahme nur um eine Auffrischung oder Vertiefung der beim Arbeitnehmer bereits vorhandenen Kenntnisse oder der unternehmensinternen Qualitätssicherung, ist der Abschluss einer Fortbildungsvereinbarung auch ausgeschlossen.

3. Die Höhe der Rückzahlung - Das darf vereinbart werden

Grundsätzlich ist es zwingend erforderlich, dass in der Fortbildungsvereinbarung die vom Arbeitnehmer zu erstattenden Beträge sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach angegeben werden.

Es gilt das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB.

Bezieht sich die Vereinbarung also nur auf „die entstandenen Aufwendungen einschließlich Lohnfortzahlungskosten", ist sie aufgrund von Intransparenz nichtig. Das heißt jedoch nicht, dass der genaue Betrag angegeben werden muss. Es ist ausreichend, dass der eventuell anfallende Rückzahlungsbetrag berechenbar ist.

Zudem muss angegeben werden, auf welchen Betrag sich die Rückzahlungsverpflichtung bezieht, sprich Brutto- oder Nettobeträge, mit oder ohne Arbeitnehmeranteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag.

Wichtig ist also: Der eventuell anfallende Betrag muss so genau wie möglich berechenbar sein.

Natürlich können Sie als Arbeitgeber auch einen Höchstbetrag festlegen. Dieser stellt dann in jedem Fall die Begrenzung der Rückzahlungssumme dar – d.h. im Nachgang höhere Rückzahlungen zu verlangen, ist nicht möglich.

Ganz wichtig und grundlegend: Arbeitgeber dürfen keine Vorteile aus den vereinbarten Rückzahlungsbeträgen ziehen!

D.h. die Höhe ist auf die tatsächlich entstandenen Kosten begrenzt. (vgl. BAG, Urt. V. 21.7.2005 – 6 AZR 452/04)

Berücksichtigt werden dürfen:

  • Lehrgangskosten
  • Fahrtkosten
  • Entgeltfortzahlungskosten (auf Basis der jeweils gültigen Vergütung)

 

Eine mögliche Stolperfalle im Fortbildungsvertrag ist die fehlende Reduzierung des Rückzahlungsbetrages entsprechend der vereinbarten Bindungsdauer. Da der Arbeitnehmer direkten Einfluss auf die bei vorzeitigem Austritt entstehenden Kosten haben muss, sind bei Abschluss der Vereinbarung die Rückzahlungskosten in Relation zur Bindung des Arbeitnehmers an das Unternehmen festzulegen. Hierzu nachfolgend mehr Informationen.

4. Wie lange dürfen Arbeitnehmer an das Unternehmen gebunden werden?

Ein wichtiger Bestandteil einer Fortbildungsvereinbarung ist die Bindungsklausel. Sie legt die Höhe der Rückzahlung zum Austrittszeitpunkt des Arbeitnehmers fest.

Rückzahlungsklausel
Benötigen Sie rechtliche Unterstützung bei der Erstellung einer Fortbildungsvereinbarung? Als Fachanwälte für Arbeitsrecht haben wir die entsprechende Expertise. Kontaktieren Sie uns gerne telefonisch unter 05121 / 20 80 90 oder per E-Mail an info@hammer-rechtsanwaelte.de

Scheidet der Arbeitnehmer also vor Ablauf der vereinbarten Unternehmenszugehörigkeit während bzw. nach der Fortbildung aus, wird er zur anteiligen Rückzahlung verpflichtet.

Natürlich ist eine möglichst lange Bindungsdauer im Sinne des Arbeitgebers. Arbeitnehmer dürfen jedoch nicht unverhältnismäßig lange an das Unternehmen gebunden werden. Die Bindungsdauer soll sich daher sowohl an der Höhe der Fortbildungskosten, der Dauer der Fortbildung und den dem Arbeitnehmer durch die Fortbildung entstehenden Vorteilen wie beispielsweise der Verbesserung seiner Chancen beim Unternehmenswechsel orientieren. Grds. greift folgende Faustformel für die Berechnung: Multiplikation der Dauer der Freistellung für die Fortbildung mit dem Faktor 6.

Dementsprechend ergeben sich folgende Richtwerte:

  • Fortbildungsdauer bis zu einem Monat: Bindungsdauer bis zu 6 Monate
  • Fortbildungsdauer bis zu zwei Monaten: Bindungsdauer bis zu 12 Monate
  • Fortbildungsdauer drei-vier Monate: Bindungsdauer bis zu 24 Monate
  • Fortbildungsdauer sechs-zwölf Monate: Bindungsdauer bis zu 36 Monate
  • Fortbildungsdauer mehr als 12 Monate: maximale Bindungsdauer 60 Monate

 

5. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses - Dann greift die Rückzahlungsvereinbarung

Als Arbeitgeber dürfen Sie keine Rückzahlungsvereinbarung mit Ihrem Arbeitnehmer abschließen, die dann pauschal greifen soll, wenn das Arbeitsverhältnis beendet wird. Vielmehr muss zwischen unterschiedlichen Austrittsgründen differenziert werden.

Kündigen Sie dem Arbeitnehmer aus einem nicht durch den Mitarbeiter zu vertretendem Grund, greift keine Rückzahlungsverpflichtung. Das betrifft betriebsbedingte Kündigungen oder auch berechtigte Eigenkündigungen durch den Mitarbeiter.

Ihrem Arbeitnehmer muss es obliegen, durch seine eigene Betriebstreue der Rückzahlungspflicht zu entgehen. (vgl. BAG, 13.12.2011 – 3 AZR 791/09; 21.08.2012 – 3 AZR 698/19 sowie 28.05.2013 – 3 AZR 103/12)

6. Fachanwalt für Arbeitsrecht - So unterstützen wir Sie

Der Abschluss einer Fortbildungsvereinbarung kann für Arbeitgeber aus unterschiedlichen Gründen sehr sinnvoll sein. Um aber bei vorzeitigem Austritt des Arbeitnehmers auch wirklich Gebrauch von der Rückzahlungsklausel machen zu können, müssen alle Rahmenbedingungen der aktuellen Rechtslage entsprechen.

Immer wieder werden Rückzahlungsvereinbarungen abgeschlossen, die in der Praxis nicht durchgesetzt werden können. Je höher die Fort- und Weiterbildungskosten, umso höher der mögliche Schaden für den Arbeitgeber, wenn der Arbeitnehmer das Unternehmen vorzeitig verlässt.

Um sicherzugehen, raten wir Ihnen dringend, sich anwaltlich beraten zu lassen. Verwenden Sie bitte keinen Mustervertrag, den Sie im Internet finden. So individuell jeder Fall ist, sollte eine Rückzahlungsvereinbarung auch individuell vorbereitet und geprüft werden. Als Experten für Arbeitsrecht sind wir Ihre Ansprechpartner, um Risiken zu vermeiden oder auch um Ihre Forderungen durchzusetzen.

Wir unterstützen Sie gerne. Kontaktieren Sie uns und schildern Sie uns Ihr Anliegen.

7. Fazit

  • Fachkräftemangel erfordert Maßnahmen, um qualifizierte Mitarbeiter im Unternehmen zu halten.
  • Weiterbildungsangebote können als Anreiz dienen, die langfristige Bindung von Arbeitnehmern zu fördern.
  • Fortbildungsvereinbarungen sollten klar und rechtssicher formuliert sein, um spätere Rückforderungen durchsetzen zu können.
  • Die Bildungsmaßnahme muss für die Entwicklung des Arbeitnehmers geeignet und vorteilhaft sein.
  • Rückzahlungsklauseln sind unter bestimmten Bedingungen unwirksam, z.B. bei Berufsausbildungen oder internen Schulungen.
  • Die Höhe der Rückzahlung muss transparent und berechenbar sein.
  • Die Bindungsdauer sollte angemessen und nicht unverhältnismäßig lang sein.
  • Anwaltliche Beratung wird empfohlen, um rechtliche Fallstricke zu vermeiden.

 

8. FAQ's

Was ist eine Fortbildungsvereinbarung?
Eine Fortbildungsvereinbarung ist ein Vertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, der die Bedingungen für eine Fort- oder Weiterbildung regelt, oft verbunden mit einer Rückzahlungsklausel, falls der Arbeitnehmer das Unternehmen vorzeitig verlässt.

Welche Kosten dürfen in einer Rückzahlungsklausel berücksichtigt werden?
Zulässig sind Lehrgangskosten, Fahrtkosten und Entgeltfortzahlungskosten. Die Rückzahlung darf jedoch nicht höher sein als die tatsächlich entstandenen Kosten.

Wie lange darf ein Arbeitnehmer an das Unternehmen gebunden werden?
Die Bindungsdauer richtet sich nach der Dauer und den Kosten der Fortbildung. Eine Faustregel besagt, dass die Dauer der Freistellung für die Fortbildung mit dem Faktor 6 multipliziert die mögliche Bindungsdauer ergibt.

Greift die Rückzahlungsklausel immer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses?
Nein, die Rückzahlungsklausel greift nicht bei Kündigungen, die nicht vom Arbeitnehmer zu verantworten sind, wie z.B. bei betriebsbedingten Kündigungen.

Warum sollte ein Fachanwalt für Arbeitsrecht konsultiert werden?
Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht kann sicherstellen, dass die Fortbildungsvereinbarung rechtlich einwandfrei und individuell auf den Fall abgestimmt ist, um spätere Probleme bei der Durchsetzung der Rückzahlung zu vermeiden.

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