Compliance und Vertrauen stärken: Die Rolle von Hinweisgebersystemen
19. April 2024 | von Ole M. HammerGehört Ihr Unternehmen auch zu den Betrieben, die derzeit noch die Umsetzung eines Hinweisgebersystems planen? Es wird nun allerhöchste Zeit, die Vorgaben des Hinweisgeberschutzgesetzes von 2023 umzusetzen!
Das Hinweisgeberschutzgesetz als Umsetzung der EU-Richtlinie zum Schutz von Whistleblowern und Hinweisgebern schützt natürliche Personen, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit Kenntnis über Verstöße erlangt haben, vor möglichen Benachteiligungen. Zugleich verpflichtet es Unternehmen zur Nachverfolgung und Untersuchung der Vorfälle.
Wir informieren Sie, welche Vorgaben Sie als Arbeitgeber nun dringend umsetzen müssen und welche Anforderungen Hinweisgebersysteme erfüllen müssen. Sie erfahren, welchen Nutzen Sie als Arbeitgeber daraus ziehen können und warum eine juristische Beratung bei der Einführung eines Hinweisgebersystems unbedingt empfehlenswert ist.
Das erwartet Sie:
- Die rechtlichen Grundlagen
- Das Hinweisgeberschutzgesetz - Ihr Vorteil als Arbeitgeber
- Verstöße, die im Rahmen des Hinweisgeberschutzgesetzes gemeldet werden
- Das Hinweisgebersystem - Wie ein Verstoß gemeldet wird
- So stärken Sie Vertrauen - Unsere Empfehlung
- Die Beauftragung Dritter - Wie unsere Kanzlei unterstützen kann
- Fazit
- FAQ's
1. Die rechtlichen Grundlagen
Das Hinweisgeberschutzgesetz ist die nationale Umsetzung einer EU-Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden. Der Schutz betroffener Personen gewann in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung und findet nun Umsetzung im nationalen Recht.
Mit Wirkung Juli 2023 in Kraft getreten, verpflichtet das Hinweisgeberschutzgesetz, Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitenden interne Meldestellen einzurichten bzw. entsprechende Meldewege zu etablieren. Ab 250 Mitarbeitenden müssen unternehmenseigene interne Meldestellen eingerichtet werden.
Hinweisgeber oder auch Whistleblower im Sinne des Gesetzes kann jede Person sein, die infolge ihrer beruflichen Tätigkeit Informationen an die Öffentlichkeit, bestimmte Personen, Organisationen oder Institutionen gibt. Zum geschützten Personenkreis nach Hinweisgeberschutzgesetz gehören
- Arbeitnehmer
- Auszubildende
- Beamte
- Richter
- Soldaten
- Personen in arbeitnehmerähnlichen Positionen
- Beschäftigte in Werkstätten für Menschen mit Behinderung
2. Das Hinweisgeberschutzgesetz - Ihr Vorteil als Arbeitgeber
Natürlich schützt das Hinweisgeberschutzgesetz in erster Linie die Mitarbeitenden, also die Hinweisgeber eines Unternehmens bei der Weitergabe von Informationen aus dem beruflichen Kontext.
Indirekt verpflichten Hinweisgebersysteme aber Unternehmen auch, sich an staatliche Gesetze zu halten. Als Teil von Compliance-Mechanismen im Rahmen derer sich Unternehmen und Mitarbeiter in ihrem beruflichen Verhalten durch selbst gesetzte Regelungen und Verhaltenskodexe binden und zur Regeltreue verpflichten, sind sie als Präventionsmaßnahme nützlich.
Für Sie als Arbeitgeber beinhaltet das Hinweisgeberschutzgesetz also neben der Pflicht zur Umsetzung auch die Möglichkeit, schnell auf Missstände zu reagieren, Reputationsschäden abzuwenden und interne Prozesse zu verbessern.
Die Vorteile für Unternehmen auf einen Blick:
- Optimierung von Prozessen durch Identifizierung von Schwachstellen und Beseitigung von Fehlern
- Erkennen blinder Flecken durch Aufdecken von Missständen, die andernfalls unentdeckt bleiben
- Vermeidung finanzieller Schäden für Unternehmen durch Verhinderung und Verringerung von Gerichtskosten, Strafzahlungen, Verkaufs- oder Aktieneinbußen
- Verhinderung möglicher Reputationsschäden durch Negativ-Meldungen in Presse und sozialen Medien
- Verhinderung von Betrugsfällen durch rechtzeitige Abschreckung
- Stärkung der Integrität des Unternehmens durch Vertrauensaufbau bei Mitarbeitern und Stakeholdern
Sie möchten ein Hinweisgebersystem umsetzen oder haben offene Fragen zum Thema? Kontaktieren Sie uns gerne telefonisch unter 05121 / 20 80 90 oder per E-Mail an: info@hammer-rechtsanwaelte.de
3. Verstöße, die im Rahmen des Hinweisgeberschutzgesetzes gemeldet werden
Das Hinweisgeberschutzgesetz hat den Schutzbereich der zu Grunde liegenden EU-Whistleblower Richtlinie ausgedehnt und umfasst in der nationalen Umsetzung folgende Verstöße, die von Hinweisgebern gemeldet werden können:
- Straftaten und Ordnungswidrigkeiten
- Vorschriften zum Schutz von Leben, Leib und Gesundheit
- Rechte der Beschäftigten
- Vorschriften zum Schutz der Vertretungsorgane wie Betriebsrat und Personalrat
- Rechtsvorschriften und Regelungen der Bundesländer und des Bundes zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, Produktsicherheit, Starßenverkehrssicherheit, Umwelt- und Strahlenschutz, Sicherheit von Lebens- und Futtermitteln, Arzneimitteln, Medizinprodukten, Verbraucherschutz, Privatsphäre der elektronischen Kommunikation und Schutz personenbezogener Daten
- Auftragsvergaben im öffentlichen Sektor
- Steuerrechtliche Regelungen
- Europarechtliche Regelungen
4. Das Hinweisgebersystem - Wie ein Verstoß gemeldet wird
Als Arbeitgeber sind Sie verpflichtet, ein Hinweisgebersystem bzw. eine interne Meldestelle einzurichten. Grundsätzlich sollen Hinweisgeber einfach und unkompliziert in die Lage versetzt werden, Hinweise einzureichen und potenzielle Verstöße aufzudecken. Dabei kann der Hinweisgeber jedoch wählen, ob er interne oder externe Meldestellen nutzt.
Ein Hinweisgebersystem bzw. die interne Meldestelle nach dem Hinweisgeberschutzgesetz kann neben einem Briefkasten, einer Telefonhotline, einem softwarebasierten System auch ein Ombudsmann sein. Prüfen Sie bitte, idealerweise in Zusammenarbeit mit einem Experten und unter Berücksichtigung der Unternehmenskultur, welcher Meldeweg für Ihr Unternehmen am geeignetsten erscheint.
Generell muss folgender Prozess abgebildet werden:
- Eine Person erhält Kenntnis über eine mutmaßlich meldungswürdige Handlung.
- Die Person, der Hinweisgeber, nutzt entweder eine externe oder die durch das Unternehmen eingerichtete interne Meldestelle und reicht den Hinweis mündlich, schriftlich oder anonym ein.
- Die eingereichte Meldung wird geprüft, wenn möglich erfolgt eine Bestätigung des Eingangs innerhalb von 7 Tagen.
- Durch Einholen von Auskünften der betroffenen Personen, Unternehmen, Dritten oder Behörden erfolgt die Prüfung der Stichhaltigkeit.
- In der Folge werden entsprechende Maßnahmen ergriffen, die interne Meldestelle arbeitet dabei mit den zuständigen Stellen zusammen.
- Das Verfahren wird abgeschlossen.
- Es erfolgt nach spätestens 3 Monaten eine Rückmeldung an die hinweisgebende Person, bei umfangreicherer Bearbeitung nach spätestens 6 Monaten.
5. So stärken Sie Vertrauen - Unsere Empfehlung
Indem Sie ein effektives und transparentes Hinweisgebersystem etablieren, erhalten Sie ein nicht zu unterschätzendes Tool, um Compliance zu fördern und Unregelmäßigkeiten rechtzeitig und umfänglich aufzudecken.
Hinweisgeber können entscheiden, ob sie eine interne oder externe Meldestelle wählen.
Unsere Empfehlung: Schaffen Sie als Arbeitgeber im Rahmen Ihres Compliance Managements durch die Gewährleistung von Anonymität und Vertraulichkeit bestmögliche Anreize, dass interne Meldestellen genutzt werden. Informieren Sie die Arbeitnehmer kontinuierlich über die Nutzung des Hinweisgebersystems, bieten Sie beispielsweise Schulungen an.
Indem Sie die erhaltenen Hinweise transparent aufklären und entsprechende Maßnahmen ergreifen, stärken Sie automatisch das Organisationsvertrauen der Mitarbeitenden. Sie gehen einen entscheidenden Schritt in Richtung einer offenen Unternehmenskultur und können das Betriebsklima weiter verbessern.
Zudem haben interne Meldestellen den entscheidenden Vorteil, schnell reagieren zu können und die Kontrolle über den Untersuchungsprozess und die geeigneten Maßnahmen zu behalten.
6. Die Beauftragung Dritter - Wie unsere Kanzlei unterstützen kann
Unternehmen können die interne Meldestelle von externen Personen betreiben lassen.
Geschulte externe Ansprechpartner übernehmen somit die Aufgaben des Hinweisgebersystems und bilden den beschriebenen Meldeprozess ab. Ansprechpartner können sowohl Organisationen als auch Personen wie z.B. Anwaltskanzleien oder spezialisierte Dienstleistungsunternehmen sein.
Als Arbeitgeber können Sie gemessen an der gelebten Unternehmenskultur am besten einschätzen, welches Hinweisgebersystem Sie umsetzen. Bedenken Sie jedoch, dass neben dem Hinweisgeberschutzgesetz weitere rechtliche Aspekte wie Datenschutz, allgemeiner Gleichbehandlungsgrundsatz, Arbeitsrecht und Beteiligung von Betriebs- und Personalrat beachtet werden müssen.
Als spezialisierter Dienstleister und TÜV-geprüfter Compliance Officer kann ich Sie entsprechend beraten. Mit dieser Spezialisierung unterstützt Sie unsere Kanzlei und stellt sicher, dass sämtliche Geschäftsaktivitäten und -prozesse den geltenden Gesetzen, Vorschriften, ihren internen Richtlinien und ethischen Standards entsprechen und mögliche Risiken identifiziert werden.
In der Folge werden Risiken aus Haftungsfällen minimiert und die Glaubwürdigkeit ihres Unternehmens bei Kunden, Investoren und Stakeholdern gestärkt.
Ein wichtiger Hinweis: Als Arbeitgeber drohen Ihnen hohe Bußgelder, sollten Sie die Vorgaben des Hinweisgeberschutzgesetzes nicht umsetzen.
Nutzen Sie daher unser juristisches Beratungsangebot im Bereich Hinweisgebersysteme und Compliance.
7. Fazit
Es bleibt übergreifend festzuhalten, dass Hinweisgebersysteme dazu beitragen, die Integrität und das Vertrauen in Unternehmen zu stärken. Sie schaffen eine Grundlage für eine verantwortungsvolle und ethische Geschäftsführung.
- Die Einführung von Hinweisgebersystemen gemäß dem Hinweisgeberschutzgesetz ist für Unternehmen von entscheidender Bedeutung, um interne Probleme und Verstöße gegen Gesetze oder Richtlinien aufzudecken.
- Diese Systeme tragen dazu bei, eine transparente und gerechte Arbeitsumgebung zu schaffen, in der Mitarbeiter sich sicher fühlen können, Verstöße zu melden, ohne Repressalien befürchten zu müssen.
- Durch die Umsetzung des Hinweisgeberschutzgesetzes zeigen Unternehmen ihr Engagement für Compliance und Ethik, was wiederum das Vertrauen der Mitarbeiter und der Öffentlichkeit stärkt.
- Hinweisgebersysteme dienen nicht nur der internen Kontrolle, sondern haben auch eine präventive Funktion, indem sie Unternehmen helfen, potenzielle Probleme frühzeitig zu erkennen und zu lösen.
- Die rechtzeitige Umsetzung des Hinweisgeberschutzgesetzes ist von entscheidender Bedeutung, um Bußgelder und Reputationsschäden zu vermeiden.
- Hinweisgebersysteme sind nicht nur gesetzliche Verpflichtung, sondern haben auch positiven Einfluss auf das Betriebsklima und die Unternehmenskultur.
- Es ist ratsam, juristische Beratung in Anspruch zu nehmen, um sicherzustellen, dass die Implementierung der Hinweisgebersysteme den rechtlichen Anforderungen entspricht und alle weiteren rechtlich relevanten Aspekte berücksichtigt werden.
8. FAQ's
Was sind Hinweisgebersysteme und warum sind sie wichtig?
Hinweisgebersysteme sind Mechanismen, die es Mitarbeitern ermöglichen, Verstöße gegen Gesetze oder interne Richtlinien im Unternehmen anonym zu melden. Sie sind wichtig, um Compliance zu fördern, Probleme frühzeitig zu erkennen und das Vertrauen der Mitarbeiter zu stärken.
Wer kann Hinweisgeber sein?
Hinweisgeber können alle Personen sein, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit Kenntnis über Verstöße erlangen. Dies umfasst Arbeitnehmer, Auszubildende, Beamte, Richter, Soldaten und andere Personen in arbeitnehmerähnlichen Positionen.
Welche Verstöße können gemeldet werden?
Gemäß dem Hinweisgeberschutzgesetz können eine Vielzahl von Verstößen gemeldet werden, darunter Straftaten, Verstöße gegen Arbeitnehmerrechte, Umweltschutzvorschriften, Steuerrecht und vieles mehr.
Wie funktioniert der Meldeprozess?
Der Meldeprozess umfasst in der Regel die Einreichung eines Hinweises durch den Hinweisgeber an eine interne oder externe Meldestelle. Der Hinweis kann mündlich, schriftlich oder anonym eingereicht werden. Anschließend erfolgt eine Prüfung des Hinweises und gegebenenfalls eine Untersuchung des Vorfalls.
Warum ist eine juristische Beratung empfehlenswert?
Neben dem Hinweisgeberschutzgesetz müssen Unternehmen auch weitere rechtliche Aspekte wie Datenschutz, Gleichbehandlungsgrundsätze, Arbeitsrecht und die Beteiligung von Betriebs- und Personalräten berücksichtigen. Die Anforderungen sind daher komplex und sollten juristisch begleitet werden.
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