
Arbeitsvertrag erstellen - Warum Sorgfalt Pflicht ist!
13. März 2025 | von Ole M. HammerVerträge regeln die Rahmenbedingungen einer Zusammenarbeit und bilden so die wichtigste Grundlage einer Geschäftsbeziehung. Gerade im Streitfall wird fast jede Sympathie unter Geschäftspartnern ad acta gelegt und nur pure Fakten zählen.

Das gilt auch im Arbeitsleben! Der Arbeitsvertrag bildet die Grundlage des Arbeitsverhältnisses zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten daher ganz genau prüfen, auf welcher Basis sie miteinander arbeiten möchten und ob alle relevanten Punkte Einfluss auf den Arbeitsvertrag gefunden haben.
Im nachfolgenden Artikel erläutern wir Ihnen die wichtigsten Punkte bei der Erstellung eines Arbeitsvertrages. Wir weisen zudem auf Fallstricke hin und geben in diesem Kontext wichtige Praxistipps.
Das erwartet Sie:
- Das Wichtigste zuerst - Die Folgen unzureichender Arbeitsverträge
- Unterschiedliche Arbeitsverträge in der Praxis
- Muss ein Arbeitsvertrag schriftlich erstellt werden? Gibt es Ausnahmen?
- Fazit
- FAQ's
1. Das Wichtigste zuerst - Die Folgen unzureichender Arbeitsverträge
Bevor wir ins Detail gehen, möchten wir Ihr Bewusstsein für die Folgen unzureichender Arbeitsverträge wecken. Der Mustervertrag aus dem Internet sollte eben nicht der Standard in Ihrem Unternehmen sein!
Dass es in einem Arbeitsverhältnis um mehr als das Erbringen der Arbeitsleistung und die Rückvergütung in Form der Gehaltszahlung geht, verkennen leider viele Unternehmen. Insbesondere StartUp´s mit einer kollegialen Firmenkultur und einem eher lockeren Umgang messen dem Arbeitsvertrag oft zu wenig Bedeutung zu. Aber auch in gewachsenen Unternehmen wird irgendwann der Zeitpunkt kommen, wo der Standardarbeitsvertrag eben nicht mehr ausreichend ist oder generell überprüft werden sollte.
Schauen Sie sich diese zwei Praxisfälle an:
BAG 5 AZR 517/09 - Überstundenpauschalisierungsabrede
In dem verhandelten Fall beinhaltete der Arbeitsvertrag eines Angestellten die Klausel „erforderliche Überstunden sind mit dem Monatsgehalt abgegolten“.
Das zu zahlende Bruttogehalt bezog sich in dem vorliegenden Fall auf 45 Arbeitsstunden wöchentlich. Diese setzen sich aus 38 Normalstunden und 7 Mehrarbeitsstunden zusammen.
Im Laufe des Arbeitsverhältnisses wurden geleistete Mehrarbeitsstunden teilweise in Freizeit ausgeglichen. Mit Beendigung der Beschäftigung weigerte sich der Arbeitgeber, die noch verbliebenen 102 Stunden auf dem Mehrarbeitskonto des Beschäftigten zu vergüten. Dabei bezog er sich auf die Klausel im Arbeitsvertrag.
Nach zwei Instanzen entschied das Bundesarbeitsgericht, dass der Arbeitnehmer zu Recht die Vergütung der noch vorhandenen Überstunden verlangte.
Aus der Begründung: Die im Arbeitsvertrag angeführte Klausel verstößt gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.
Die Parteien hatten sich zwar geeinigt, dass die im Rahmen von 45 Stunden Wochenarbeitszeit geleisteten Mehrarbeitsstunden abgegolten sind, es gab aber keine klare Regelung über den Umgang mit Stunden, die über diese Wochenarbeitszeit hinausgehen. Der Arbeitgeber musste die verbleibenden 102 Stunden nachträglich vergüten.
Mehr über unsere Leistungen im Arbeitsrecht für Arbeitgeber lesen Sie in diesem Beitrag.
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg 16.12.2021, Az.: 10 Sa 663/21 - Versetzungsklausel
In diesem Fall war der Arbeitgeber aus betrieblichen Gründen gezwungen, Personal abzubauen bzw. an andere Standorte zu versetzen. Die im Arbeitsvertrag vereinbarte Versetzungsklausel war jedoch unzureichend, sodass diese nicht nur Auswirkungen auf die geplante Versetzung hatte, sondern auch die zugrunde liegende Sozialauswahl beeinflusste.
Hätten Sie es gewusst?
Leider erleben wir in unserer juristischen Praxis immer wieder diese Streitfälle. Zu den häufigsten Problemen bei fehlerhaften oder unzureichenden Arbeitsverträgen zählen neben unwirksamen Versetzungsklauseln vor allem Regelungen zur Arbeitszeit, insbesondere Arbeitszeitkonten und Minusstunden, sowie die sogenannten Ausschlussklauseln bzw. Verfallsklauseln.
Vor allem für Arbeitgeber bietet ein Arbeitsvertrag die Möglichkeit, problematische Situationen proaktiv zu regeln, um zukünftige Streitigkeiten zu vermeiden.Dazu gehören beispielsweise Vertragsstrafenklauseln bei nicht eingehaltenen Kündigungsfristen oder Vergütungsregelungen zur Flexibilisierung der Arbeitszeit.
Arbeitsverträge gelten in den meisten Fällen als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), da sie vom Arbeitgeber einseitig gestellt und nicht individuell für jeden einzelnen Arbeitnehmer erstellt werden. Damit liegt das Risiko unwirksamer Klauseln ausschließlich beim Arbeitgeber. Ist eine Klausel unwirksam, entfällt sie ersatzlos zu seinen Lasten.
Arbeitnehmer können sich jedoch weiterhin auf unwirksame Klauseln berufen, was als personelle Teilrechtswidrigkeit von AGB-Klauseln bekannt ist. Drei zentrale Kriterien, anhand derer AGB-Klauseln überprüft werden, sind:
- Übermäßig benachteiligende Klauseln: Diese führen zur Rechtswidrigkeit der Klausel. Arbeitnehmer können sich darauf weiterhin berufen. Ein typisches Beispiel sind unwirksame Verfallsklauseln.
- Überraschende Klauseln: Diese sind nicht Teil des Vertrags, wenn sie unter einer unerwarteten Überschrift oder versteckt in einem Unterabsatz enthalten sind. Weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer können sich darauf berufen. Ein Beispiel sind Ausschlussklauseln, die unter „Sonstiges“ stehen.
- Intransparente Klauseln: Missverständliche oder unklare Klauseln sind ebenfalls unwirksam.
Vermeiden Sie Ärger und Gerichtsprozesse und lassen Sie sich von uns als Fachanwälte für Arbeitsrecht beraten.
Die Beratung in der Thematik „Arbeitsvertrag rechtssicher erstellen“ gehört zu unseren täglichen Aufgaben. Profitieren Sie von unseren Erfahrungswerten und unserer Expertise. Wir raten Ihnen dringend vorzusorgen, anstatt sich nachträglich mit Herausforderungen im Anspruchsausgleich oder sogar gerichtlichen Auseinandersetzungen beschäftigen zu müssen.
2. Unterschiedliche Arbeitsverträge in der Praxis
Je nach Form des Beschäftigungsverhältnisses finden unterschiedliche Arten von Arbeitsverträgen Anwendung.
Der unbefristete Arbeitsvertrag war in der Vergangenheit die am häufigsten verwendete Variante. Die Parteien einigen sich dabei auf eine unbestimmte Zeit der Zusammenarbeit.
Mit zunehmend schwerer werdender Wirtschaftslage ist auch die Anzahl der befristeten Arbeitsverträge gestiegen. Gründe für eine Befristung gibt es allerdings auch über eine schwer überschaubare Wirtschaftslage hinaus. In Frage kommen beispielsweise auch Elternzeitvertretungen.
Ein befristeter Arbeitsvertrag endet entweder nach einer bestimmten Zeit oder mit Erreichen seines Zwecks.
Kleiner Exkurs: Im Gegensatz dazu gibt es auch Werk- und Dienstleistungsverträge. Hierbei steht nicht die Arbeit in einem abhängig beschäftigten Anstellungsverhältnis im Fokus, sondern die Erbringung einer bestimmten Dienstleistung bzw. das Erreichen eines zuvor abgestimmten Arbeitsergebnisses.
Neben befristeten und unbefristeten Arbeitsverträgen sind, in Abhängigkeit vom jeweiligen Beschäftigungsverhältnis, auch Minijob-Verträge für geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer oder Werkstudenten- und Praktikantenverträge sowie Berufsausbildungsverträge als privatrechtliche Dienstverträge zu erwähnen.
3. Muss ein Arbeitsvertrag schriftlich erstellt werden? Gibt es Ausnahmen?
Ein Arbeitsvertrag muss nicht zwingend schriftlich aufgesetzt werden. Einerseits zählt die Aufnahme einer Tätigkeit als konkludente Handlung genauso wie die Rahmenbedingungen auch mündlich abgestimmt werden können. Der Abschluss eines Arbeitsvertrages ist demnach auch formlos, mündlich, durch Handschlag oder einfach durch einvernehmliches Anfangen mit der Arbeit möglich.
Aber Achtung: Beachten Sie bitte das Nachweisgesetz! Dieses begründet für den Arbeitgeber eine Verpflichtung, die wesentlichen Inhalte des Arbeitsverhältnisses und des Arbeitsvertrags schriftlich festzuhalten. Fehlt dieser Nachweis, kann dies als Ordnungswidrigkeit geahndet werden, mit möglichen Geldbußen in einer Größenordnung, die aus dem Datenschutzrecht bekannt ist.
Seit 2024 gibt es jedoch eine Erleichterung: Statt eines schriftlichen Vertrages kann eine elektronische Abschrift übermittelt werden, sofern der Arbeitgeber eine Empfangsbestätigung des Arbeitnehmers eingeholt hat und dieser nicht auf eine schriftliche Fassung besteht.
Unser dringender Rat: Machen Sie die Bedingungen der gemeinsamen Zusammenarbeit transparent und schaffen Sie durch Abschluss eines beidseitig unterzeichneten Arbeitsvertrages Rechtssicherheit bzw. zumindest gegenseitige Klarheit. In einem Gespräch gibt es immer Sender und Empfänger – was ich sage, kann mein Gegenüber gänzlich anders verstehen. Bedenken Sie das immer und handeln Sie entsprechend.
Eine wichtige Ausnahme: Das Befristungsende befristeter Arbeitsverträge muss immer schriftlich dokumentiert werden. Der entsprechende Vertrag muss vor Arbeitsaufnahme unterzeichnet werden, andernfalls gilt die Befristung nicht und es handelt sich um ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.
Und ja, ein Arbeitsvertrag kann auch unwirksam sein. Das ist der Fall, wenn er gegen die guten Sitten verstößt, die vorgeschriebene Form nicht eingehalten wird oder der Vertrag gegen gesetzliche Verbote verstößt. Gleiches gilt, wenn einer der Vertragspartner nicht geschäftsfähig ist oder eine Täuschung vorliegt.
4. Der Arbeitsvertrag - Die Inhalte
Unbedingt notwendige Regelungen, Inhalte und Vereinbarungen in einem Arbeitsvertrag sind:
- Daten der Vertragsparteien, einschließlich Anschrift
- Der Beginn des Arbeitsverhältnisses sowie bei befristeten Arbeitsverträgen das Ende des Arbeitsverhältnisses
- Grund der Befristung bei befristeten Arbeitsverträgen
- Arbeitsort sowie etwaige individuelle Regelungen
- Tätigkeitsbeschreibung
- Probezeitdauer
- Höhe des Verdienstes sowie zusätzliche Vergütungsbestandteile wie Überstundenvergütung, Zuschläge, Zulagen, Prämien, Provisionen, Sonderzahlungen
- Auszahlungszeitpunkt der Vergütung
- Arbeitszeit, einschließlich Ruhepausen und Lage der Arbeitszeit, wie beispielsweise Schichtarbeit
- Vereinbarungen zum Umgang mit Mehrarbeit
- Dauer des Erholungsurlaubs
- Vereinbarungen bei Erkrankung des Arbeitnehmers
- Kündigungsfristen
- Klauseln zur Fortbildung
- Zusatzvereinbarungen wie z.B. betriebliche Altersvorsorge
- Bezug auf geltende Betriebs- oder Dienstvereinbarungen und Tarifverträge
Wir raten ergänzend auch Themen wie Wettbewerbsverbote nach Beendigung der aktiven Zusammenarbeit und Geheimhaltungspflichten zu bedenken. Beides verhindert natürlich nicht, dass der Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Betriebsgeheimnisse verbreitet oder gar bei einem direkten Konkurrenzunternehmen eine neue Beschäftigung aufnimmt. Ihr Vorteil: Sie sichern sich etwaige Schadensersatzansprüche und bauen so größere Hürden auf.
Als weiteren wichtigen Punkt möchten wir das Thema Nebentätigkeit benennen. Als Arbeitgeber möchten Sie mit Sicherheit die Arbeitskraft Ihres Mitarbeiters bestmöglich nutzen. Vereinbaren Sie also Regelungen, die sicherstellen, dass Ihre Interessen nicht mit denen des Mitarbeiters kollidieren.
Manche Regelungen sind klar und eindeutig, bei anderen gibt es gesetzliche Spielräume und versteckte Stolpersteine.
Unser dringender Ratschlag: Je spezieller die Aufgabe und Position, je mehr Sorgsamkeit sollte in die Erstellung des Arbeitsvertrages einfließen. Lassen Sie sich von uns beraten. Im Ergebnis erhalten Sie einen rechtssicheren Mustervertrag für gängige Aufgaben und gleichzeitig eine Beratung auf was Sie konkret bei besonderen Arbeitsverhältnissen achten sollten.

Was Sie tun können, wenn Sie eine Kündigung erhalten haben, lesen Sie in diesem Beitrag.
5. Fazit
- Arbeitsverträge sind essentiell für eine rechtssichere Zusammenarbeit
- Unzureichende Vertragsklauseln können zu rechtlichen Problemen führen
- Schriftliche Arbeitsverträge sind nicht zwingend erforderlich, werden aber dringend empfohlen
- der Arbeitsvertrag sollte wesentliche Punkte wie Arbeitszeit, Vergütung, Kündigungsfristen und Tätigkeitsbeschreibung enthalten
- Nachweisgesetz beachten: Schriftliche Dokumentation seit 2022 zwingend erforderlich, sonst drohen Geldbußen
- Besondere Klauseln wie Wettbewerbsverbote und Geheimhaltung können zusätzlichen Schutz bieten
- eine sorgfältige Vertragsgestaltung vermeidet spätere Streitigkeiten und schafft Rechtssicherheit
- Fachliche Beratung hilft, Fallstricke zu vermeiden und individuell angepasste Arbeitsverträge zu erstellen
6. FAQ
Muss ein Arbeitsvertrag immer schriftlich abgeschlossen werden?
Nein, ein Arbeitsvertrag - sofern er nicht befristet ist - kann auch mündlich geschlossen werden. Allerdings ist eine schriftliche Vereinbarung dringend zu empfehlen, um Missverständnisse zu vermeiden.
Sind Musterverträge aus dem Internet ausreichend?
Nein, allgemeine Musterverträge enthalten oft nicht alle relevanten Klauseln oder sind rechtlich angreifbar. Individuell angepasste Verträge sind sicherer.
Was passiert, wenn eine Klausel im Arbeitsvertrag unwirksam ist?
Unwirksame Klauseln können vom Gericht für nichtig erklärt werden. Das kann dazu führen, dass gesetzliche Regelungen greifen oder der Vertrag insgesamt rechtlich angreifbar wird.
Können Überstunden pauschal mit dem Gehalt abgegolten sein?
Nur unter bestimmten Bedingungen. Allgemeine Formulierungen wie „erforderliche Überstunden sind mit dem Gehalt abgegolten“ sind oft unwirksam. Die Regelung muss klar und transparent sein.
Warum ist eine Beratung durch Anwälte für Arbeitsrecht sinnvoll?
Arbeitsverträge enthalten oft komplexe Regelungen und rechtliche Fallstricke. Eine professionelle Beratung hilft, individuelle und rechtssichere Verträge zu erstellen und Streitigkeiten zu vermeiden.
Bildquellennachweis: arturmarciniecphotos | Canva.com