Scheidung - Das sollten Ehepartner wissen!
26. November 2024 | von Laura Elaine HoffmannEine Scheidung stellt das rechtliche Ende einer Ehe dar und markiert einen wichtigen Einschnitt im Leben der Betroffenen. Dabei geht es nicht nur um die formale Auflösung einer partnerschaftlichen Verbindung, sondern oft auch um emotionale, finanzielle und soziale Herausforderungen. Dem Scheidungsverfahren liegt in Deutschland das Zerrüttungsprinzip zugrunde, wonach eine Ehe als gescheitert gilt, wenn die häusliche Gemeinschaft der Ehepartner nicht mehr besteht und eine Wiederherstellung nicht in Betracht kommt.
Die gesetzlichen Regelungen zur Ehescheidung sollen ein faires und strukturiertes Verfahren gewährleisten, das die Interessen beider Ehepartner und etwaiger gemeinsamer Kinder berücksichtigt. Eine zentrale Voraussetzung für die Einleitung eines Scheidungsverfahrens ist das Trennungsjahr bzw. die Trennungszeit als Phase der Reflexion und Entscheidungsfindung. Während dieser Zeit müssen die Ehepartner getrennt leben, um sicherzustellen, dass die Entscheidung zur Scheidung wohlüberlegt ist. In Ausnahmefällen, z.B. bei unzumutbaren Härtefällen, kann das Trennungsjahr verkürzt oder ganz umgangen werden.
Unabhängig von den individuellen Umständen erfordert eine Scheidung in der Regel eine frühzeitige anwaltliche Beratung, um Fragen der Trennung zu klären oder den Scheidungsantrag zu stellen. In diesem Beitrag erläutern wir alles Wissenswerte rund um das Thema Scheidung und geben einen Überblick über den Ablauf eines Scheidungsverfahrens.
Übersicht:
- Was muss ich als erstes tun, wenn ich mich scheiden lassen will?
- Was kostet das Einreichen einer Scheidung?
- Ist es wichtig, wer zuerst die Scheidung einreicht?
- Wie geht es nach dem Scheidungsantrag weiter?
- Fazit
- FAQ
1. Was muss ich als erstes tun, wenn ich mich scheiden lassen will?
Zentrales Kriterium für eine Ehescheidung in Deutschland ist das sogenannte Zerrüttungsprinzip. Das bedeutet, dass die Ehe als gescheitert gilt, wenn die Lebensgemeinschaft der Ehepartner nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass sie wiederhergestellt wird (§ 1565 Abs. 1 BGB). Für ein solches Scheitern gibt es in § 1566 BGB zwei Vermutungsregeln, die sich auf die Zeit des Getrenntlebens beziehen.
Trennungszeit – ein Jahr oder drei Jahre
Leben die Ehepartner länger als drei Jahre getrennt, so wird vermutet, dass die Ehe gescheitert ist (§ 1566 Abs. 2 BGB). Dabei kommt es nicht darauf an, ob ein Ehepartner an der Ehe festhalten will und die Scheidung nicht wünscht. Allein die dreijährige Trennungszeit reicht aus, auch gegen den Willen des anderen Ehepartners.
Die zweite Vermutungsregel (§ 1566 Abs. 1 BGB) geht von einer notwendigen einjährigen Trennungszeit aus. Das Scheitern wird dann aber nur vermutet, wenn beide Ehepartner die Scheidung wollen. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn beide Ehepartner die Scheidung beantragen oder wenn ein Ehepartner die Scheidung beantragt und der andere dem Antrag und der Scheidung zustimmt.
Eine Scheidung ist also nicht ohne mindestens ein Jahr Trennungszeit möglich. Etwas anderes gilt nach § 1565 Abs. 2 BGB nur, wenn ein Härtefall vorliegt. Ein solcher Härtefall liegt nur vor, wenn die Fortsetzung der Ehe für einen Ehepartner aus Gründen, die in der Person des anderen Ehepartners liegen, eine unzumutbare Härte darstellen würde.
Trennung erste Voraussetzung für Scheidung
Die Trennung vom Ehepartner ist also die erste Voraussetzung, wenn man über eine Scheidung nachdenkt. Vor Ablauf der Trennungszeit bzw. des Trennungsjahres ist es in den meisten Fällen überhaupt nicht möglich, den Scheidungsantrag beim zuständigen Familiengericht einzureichen. Einige Familiengerichte lassen es jedoch zu, dass der Scheidungsantrag bereits einige Wochen vor Ablauf des Trennungsjahres eingereicht wird.
Das gesetzlich geforderte Getrenntleben (§ 1567 Abs. 1 BGB) bedeutet, dass zwischen den Ehepartnern keine häusliche Gemeinschaft mehr besteht bzw. aufgehoben ist. Meist bedeutet dies, dass die Ehepartner nicht mehr in einer gemeinsamen Wohnung leben. Dies ist jedoch nicht zwingend.
Beide Ehepartner können unter Umständen weiterhin in einer gemeinsamen Wohnung leben (§ 1567 Abs. 1 Satz 2 BGB), wenn sie in der gemeinsamen Wohnung räumlich und wirtschaftlich getrennt leben (z.B. getrennte Schlafzimmer, getrennte Haushaltsführung). Voraussetzung ist allerdings, dass sich die Wohnung dafür eignet.
Frühzeitige rechtliche Beratung
Da das Getrenntleben und die Trennung wichtige Voraussetzungen für eine Scheidung sind, sollten sich scheidungswillige Ehepartner diesbezüglich rechtlich beraten lassen. Wir empfehlen Ihnen, möglichst frühzeitig einen Termin für ein persönliches Beratungsgespräch zu vereinbaren, da sich bereits nach der Trennung erste wichtige Weichenstellungen für Sie ergeben, wie z.B. das Getrenntleben, die Gestaltung einer Trennung oder der günstigste Zeitpunkt für das Einreichen des Scheidungsantrages bei Gericht.
2. Was kostet das Einreichen einer Scheidung?
Eine Ehe kann nur auf Antrag eines oder beider Ehepartner geschieden werden (§ 1564 Satz 1 BGB). Das bedeutet, dass ohne einen solchen Antrag keine Scheidung möglich ist. Der Scheidungsantrag kann nur durch einen Rechtsanwalt eingereicht werden (§ 114 FamFG), entweder nach Ablauf des Trennungsjahres/Trennungszeitraums oder kurz davor. Unmittelbar nach der Trennung kann ein solcher Antrag in der Regel nicht gestellt werden, es sei denn, es liegen Härtefallgründe vor.
Nachdem der Scheidungsantrag beim zuständigen Familiengericht eingereicht wurde, müssen die Gerichtskosten bezahlt werden. Ohne die Zahlung der Gerichtskosten geschieht zunächst nichts. Das Einreichen des Scheidungsantrags löst zwar noch keine Gerichtskosten aus, diese müssen aber bezahlt werden, damit das Scheidungsverfahren in Gang kommt und das Gericht mit der Bearbeitung des Antrags beginnt.
Die Gerichtskosten werden auf der Grundlage des Vermögens und des Einkommens beider Ehepartner berechnet. Zunächst muss der Ehepartner, der die Scheidung beantragt, die Gerichtskosten allein tragen. Nach Abschluss des Scheidungsverfahrens werden die Gerichtskosten jedoch zwischen den dann geschiedenen Ehepartnern hälftig geteilt.
Verkehrskostenhilfe
Damit eine Scheidung nicht von wirtschaftlichen Aspekten oder dem Einkommen abhängt, kann man sich auch bei geringem Einkommen scheiden lassen. Für die anfallenden Gerichtskosten und Anwaltsgebühren kann in diesen Fällen eine staatliche Unterstützung beantragt werden.
Da es in familienrechtlichen Angelegenheiten nicht zu Prozessen vor Gericht, sondern zu Verfahren kommt, heißt die Prozesskostenhilfe in solchen Verfahren Verfahrenskostenhilfe, die zunächst die Gerichts- und Anwaltskosten übernimmt. Je nach Höhe des Einkommens übernimmt die Verfahrenskostenhilfe die gesamten Kosten oder man muss einen Teil zurückzahlen.
3. Ist es wichtig, wer zuerst die Scheidung einreicht?
Es ist unerheblich, wer den Scheidungsantrag stellt oder wer ihn zuerst stellt. Für die Kosten ist es gleichgültig, wer den Antrag stellt oder wer ihn zuerst stellt. Grundsätzlich genügt auch ein Scheidungsantrag, dem der andere Ehepartner zustimmen kann. Zwei Anträge, d.h. einer von jedem Ehepartner, können jedoch in bestimmten Fällen sinnvoll sein.
Zieht der antragstellende Ehepartner seinen Scheidungsantrag irgendwann im Laufe des Scheidungsverfahrens zurück, z.B. weil er die Scheidung doch nicht mehr will, verhindert der zweite Scheidungsantrag des anderen Ehepartners Verzögerungen. Wird nämlich nur ein Scheidungsantrag gestellt und dann wieder zurückgenommen, führt dies zumindest zu Verzögerungen, da entweder ein neuer Scheidungsantrag gestellt werden muss oder das Verfahren abgebrochen und gegebenenfalls neu begonnen werden muss. Scheidungsanträge beider Ehepartner können daher durchaus sinnvoll sein.
Wir stehen sowohl bei einer einvernehmlichen als auch bei einer streitigen Scheidung an Ihrer Seite. Mehr dazu, wie wir Ihnen beim Thema Scheidung helfen können, lesen Sie in diesem Beitrag.
4. Wie geht es nach dem Scheidungsantrag weiter?
Wurde ein Scheidungsantrag bei Gericht eingereicht und die Gerichtskosten bezahlt, stellt das Gericht den Scheidungsantrag zunächst dem anderen Ehepartner zu. Dieser kann dem Antrag zustimmen, ihn ablehnen oder einen eigenen Antrag stellen.
Vorbereitung der Scheidung - Versorgungsausgleich
Anschließend wird der so genannte Versorgungsausgleich vorbereitet. Dieser dient dem Ausgleich der während der Ehe von beiden Ehepartnern erworbenen Rentenanwartschaften. Dazu sind von beiden Ehepartnern Fragebögen zu gesetzlichen und privaten Renten, arbeitgeberfinanzierten Betriebsrenten oder Renten von berufsständischen Versorgungswerken zu beantworten. Diese Einrichtungen werden dann vom Gericht um Auskunft gebeten. Bis alle Auskünfte vorliegen, dauert das Verfahren in der Regel bis zu 3 Monate, kann aber auch länger dauern.
Der Versorgungsausgleich kann entfallen, wenn er z.B. durch einen notariellen Ehevertrag ausgeschlossen wurde oder die Ehe weniger als drei Jahre gedauert hat (freiwillig ist der Versorgungsausgleich aber möglich).
Der mündliche Scheidungstermin
Wenn die Auskünfte und die Berechnung des Versorgungsausgleichs dem Gericht vorliegen, wird der mündliche Scheidungstermin anberaumt. Zu diesem Termin müssen beide Ehepartner persönlich erscheinen. In der Regel dauert der mündliche Termin nur wenige Minuten. Das Gericht stellt Fragen zur Person, zu den Einkommensverhältnissen und zum Getrenntleben. Danach wird die Ehe durch den Scheidungsbeschluss des Gerichts geschieden.
Die Scheidung ist dann noch nicht rechtskräftig. Innerhalb eines Monats können Rechtsmittel gegen die Scheidung eingelegt werden. Erst wenn kein Rechtsmittel eingelegt wird, ist die Scheidung rechtskräftig.
Sind beide geschiedenen Ehepartner anwaltlich vertreten, kann im Scheidungstermin ein Rechtsmittelverzicht erklärt werden und die Scheidung wird sofort mit dem Ende des Scheidungstermins rechtskräftig.
Unsere Anwälte für Familienrecht in Hildesheim bieten Ihnen rechtliche Beratung und Vertretung in allen familienrechtlichen Angelegenheiten an. Kontaktieren Sie uns gerne.
5. Fazit
- Zerrüttungsprinzip: Eine Ehe gilt als gescheitert, wenn die häusliche Gemeinschaft nicht mehr besteht und keine Aussicht auf Wiederherstellung besteht. Dies ist das zentrale Kriterium für eine Scheidung in Deutschland (§ 1565 BGB).
- Trennungszeit: Für eine Scheidung muss in der Regel ein Trennungsjahr abgewartet werden, in dem die Ehepartner getrennt leben. Stimmt ein Ehepartner der Scheidung nicht zu, verlängert sich die Trennungszeit in der Regel. Leben die Ehepartner drei Jahre getrennt, wird automatisch das Scheitern der Ehe vermutet. In Härtefällen kann auf das Trennungsjahr verzichtet werden.
- Anwaltszwang und Scheidungsantrag: Ein Scheidungsantrag kann nur von einem Rechtsanwalt gestellt werden. Der Antrag ist notwendig, um das Scheidungsverfahren einzuleiten. Die Gerichtskosten müssen nach dem Scheidungsantrag bezahlt werden, damit das Verfahren beginnen kann.
- Verfahrenskostenhilfe: Für Ehepartner mit geringem Einkommen besteht die Möglichkeit, staatliche Unterstützung für die Gerichts- und Anwaltskosten in Form von Verfahrenskostenhilfe zu beantragen.
- Scheidungsverfahren: Nach Einreichung des Scheidungsantrags und Klärung des Versorgungsausgleichs findet ein mündlicher Scheidungstermin statt, bei dem die Ehe durch Gerichtsbeschluss geschieden wird. Die Scheidung wird nach Ablauf der Rechtsmittelfrist oder durch Rechtsmittelverzicht rechtskräftig.
6. FAQ
Was ist das zentrale Kriterium für eine Ehescheidung in Deutschland?
Das zentrale Kriterium ist das Zerrüttungsprinzip. Eine Ehe gilt als gescheitert, wenn die Lebensgemeinschaft der Ehepartner nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass sie wiederhergestellt wird.
Wie lange müssen die Ehepartner vor der Scheidung getrennt leben?
In der Regel müssen die Ehepartner mindestens ein Jahr getrennt leben, bevor ein Scheidungsantrag gestellt werden kann. Wenn die Ehepartner jedoch drei Jahre getrennt leben, wird unwiderlegbar vermutet, dass die Ehe gescheitert ist..
Braucht man für eine Scheidung einen Anwalt?
Ja, für die Einreichung des Scheidungsantrags ist ein Rechtsanwalt erforderlich. Ohne anwaltliche Hilfe kann das Scheidungsverfahren nicht eingeleitet werden.
Was ist der Versorgungsausgleich und wann findet er statt?
Der Versorgungsausgleich gleicht die während der Ehe erworbenen Rentenanwartschaften beider Ehepartner aus. Er kann z.B. entfallen, wenn die Ehe weniger als drei Jahre gedauert hat oder durch einen notariellen Ehevertrag ausgeschlossen wurde.
Gibt es Unterstützung für die Kosten einer Scheidung?
Ja, einkommensschwache Ehepartner können Verfahrenskostenhilfe beantragen. Diese staatliche Unterstützung übernimmt je nach finanzieller Situation ganz oder teilweise die Gerichts- und Anwaltskosten.
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