Vergütungsanspruch: Pflichtpraktikum als Zulassungsvoraussetzung für Studium: kein gesetzlicher Mindestlohn
25. April 2022Praktikum ja, Vergütung nein
Die Klägerin beabsichtigte, sich an einer privaten, staatlich anerkannten Universität um einen Studienplatz im Fach Humanmedizin zu bewerben. Nach der Studienordnung ist u. a. ein sechsmonatiger Krankenpflegedienst Zugangsvoraussetzung. Vor diesem Hintergrund absolvierte die Klägerin bei der Beklagten, die ein Krankenhaus betreibt, ein solches Praktikum auf einer Krankenpflegestation. Eine Vergütung wurde nicht vereinbart.
Landesarbeitsgericht und Bundesarbeitsgericht weisen Klage ab
Mit ihrer Klage hat die Klägerin eine Vergütung von rund 10.000 Euro brutto nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG) verlangt. Sie hat geltend gemacht, sie habe im Rahmen einer Fünftagewoche täglich 7,45 Stunden Arbeit geleistet. Ein Vorpraktikum vor Aufnahme eines Studiums sei kein Pflichtpraktikum im Sinne des MiLoG, daher greife die gesetzliche Ausnahme von der Vergütungspflicht nicht ein.
Das Landesarbeitsgericht (LAG) hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin beim BAG hatte keinen Erfolg. Die Klägerin unterfällt nicht dem persönlichen Anwendungsbereich des o. g. Gesetzes. Der Ausschluss von Ansprüchen auf den gesetzlichen Mindestlohn erfasst nach dem in der Gesetzesbegründung deutlich zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers nicht nur obligatorische Praktika während des Studiums, sondern auch solche, die in Studienordnungen als Voraussetzung zur Aufnahme eines bestimmten Studiums verpflichtend vorgeschrieben sind. Dem steht nicht entgegen, dass die Studienordnung von einer privaten Universität erlassen wurde, denn diese Universität ist staatlich anerkannt. Hierdurch ist die von der Hochschule erlassene Zugangsvoraussetzung im Ergebnis einer öffentlich-rechtlichen Regelung gleichgestellt und damit gewährleistet, dass durch das Praktikumserfordernis in der Studienordnung nicht der grundsätzlich bestehende Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn für Praktikanten sachwidrig umgangen wird.
Quelle | BAG, Urteil vom 19.1.2022, 5 AZR 217/21